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Physische vs. synthetische ETFs – Vor- und Nachteile der Index Replikationsmethoden

Autor: Thomas Feldhaus · Zuletzt aktualisiert: 24.08.23

Wirtschaft Finanzen Börse/Aktien · 8 Min. Lesedauer

Physische vs. synthetische ETFs – Vor- und Nachteile der Index Replikationsmethoden - Titelbild

Anleger haben bei der Auswahl eines ETFs die Wahl zwischen der physischen und synthetischen Index Replikationsmethoden, doch wo liegen die Vor- und Nachteile bei physischen vs. synthetischen ETFs?

 

Physische vs. synthetische ETFs in Kürze


Ein börsengehandelter Fonds (engl. exchange-traded funds, ETF) ist ein Investmentfonds mit vielen Einzelaktien oder Einzelpositionen, die durch einen Index festgelegt werden. Als Indexnachbildung wird die Art und Weise bezeichnet, wie der zugrunde liegende Index nachgebildet wird. Ein physischer ETF kauft die Einzelpositionen tatsächlich ein, während ein synthetischer ETF die Positionen teilweise oder vollständig über Tauschgeschäfte (Swaps) und weitere Derivate ersetzt.

 

Die Swaps werden meistens mit einer Bank oder einem großen Institut eingegangen, um die Rendite der jeweiligen Position vollständig zu erhalten. Die wichtigsten Punkte in der Diskussion um physische vs. synthetische ETFs sollen hier betrachtet werden.

Was ist ein physischer ETF?

Ein physischer börsengehandelter Fonds (ETF) bildet den zugrunde liegenden Index ab, indem er alle im Index enthaltenen Aktien entsprechend der vom Index vorgegebenen Gewichtung kauft.

Einige physische ETFs kaufen nur eine begrenzte Anzahl von Aktien im Index. Dies wird als "Sampling" bezeichnet. Der Grund dafür ist, dass einige Indizes zu groß oder die zugrunde liegenden Märkte zu illiquide sind, um jede einzelne Aktie zu besitzen. Daher investiert der ETF in eine optimale Auswahl von Aktien, die den Index ausreichend repräsentiert.

Was ist ein synthetischer ETF?

Ein synthetischer börsengehandelter Fonds (ETF) hält die zugrunde liegenden Aktien nicht. Stattdessen werden Derivate wie Swaps, Futures oder Optionen gekauft, um die Wertentwicklung des zugrunde liegenden Index nachzubilden.

Dafür schließt der ETF-Anbieter einen Vertrag mit einer Gegenpartei, in der Regel einer Investmentbank, ab, um eine synthetische Nachbildung des zugrunde liegenden Index zu erstellen. Die Gegenpartei liefert dem ETF dann eine Rendite, die sich an der Wertentwicklung des Index orientiert. Wie bereits im Artikel „Indexfonds vs. ETFs - Unterschiede und Gemeinsamkeiten“ erwähnt, werden die meisten Indexfonds physisch gebildet, während viele ETFs synthetisch nachgebildet werden.

Wer erhält das Kapital der Anleger bei einem synthetischen ETF?

Der Großteil des Geldes fließt in das Sicherheiten-Portfolio, um die Tauschgeschäfte (Swaps) des synthetischen ETFs abzusichern. Die Sicherheiten müssen jedoch nichts mit dem zugrunde liegenden Index zu tun haben.

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Physische vs. synthetische ETFs – Wie funktionieren Swaps?

 

Die verbreitetste Methode einen Index synthetisch nachzubilden sind in der Regel Tauschgeschäfte (engl. Swaps). Der Swap-Partner (z.B. Deutsche Bank, Commerzbank) verpflichtet sich dem ETF-Anbieter (z.B. BlackRock, Vanguard) alle Dividendenzahlungen und die Wertentwicklung zu liefern. Im Gegenzug für die Verpflichtung erhält der Swap-Partner Zinsen. Das grundlegende Tauschgeschäft sind Aktienrenditen gegen Zinszahlungen, sogenannte Aktienswaps (engl. Equity Swaps). In der Finanzbranche haben sich noch Zinsswaps und Devisenswaps etabliert.

 

Der ETF-Anbieter muss dem Swap-Partner also regelmäßig, zu einem festen Zeitpunkt, einen festen Zinssatz zahlen. Der Swap-Partner muss entsprechend der Wertentwicklung des Warenkorbs oder des Indizes eine Zahlung an den ETF-Anbieter leisten. Zusätzlich wird der Swap-Partner meistens vertraglich dazu verpflichtet, die zugrunde liegenden Aktien teilweise oder vollständig zu halten, um das Kapital abzusichern. Die Rendite der Wertpapiere im Sicherheiten-Portfolio (englisch: collateral) erhält der Besitzer, der Swap-Partner.

 

Das Sicherheiten-Portfolio wird aus Mitteln eines synthetischen ETFs aufgebaut, der als Sicherheit für die Swap-Gegenpartei dient. Die Wertpapiere im Sicherheiten-Portfolio stimmen nicht unbedingt mit den Wertpapieren des nachgebildeten Index überein. Besonders beliebt sind aber sogenannte Blue-Chip Unternehmen im Sicherheiten-Portfolio wegen der hohen Liquidität. So kann beispielsweise ein synthetischer ETF auf europäische Aktien (z. B. MSCI Europe) im Sicherheiten-Portfolio auch amerikanische oder asiatische Aktien enthalten. Der Swap-Partner kann also mehr Gewinn erzielen, als durch den synthetischen ETF ausgezahlt werden muss. Dafür hat er aber auch das Risiko, mehr auszahlen zu müssen, als er durch das Sicherheiten-Portfolio eingenommen hat.

Vorteile von Swaps und synthetischen ETFs

 

Geringere laufende Kosten

Synthetische ETFs (auch Swap-ETFs genannt) sind eine kostengünstige Alternative, da die synthetische Index Replikationsmethode keine oder wenige echten Käufe tätigen muss und somit Gebühren spart. Es müssen keine ständigen Anpassungen stattfinden, um den Index nachzubilden, da der Swap-Partner die Rendite gegen eine feste Zinszahlung liefert.

 

Mehr Anlageklassen

Synthetische ETFs ermöglichen durch Tauschgeschäfte Investitionen in Nischenmärkte oder Anlageklassen wie Rohstoffe und Geldmarkt zu investieren, die sonst für die meisten Anleger nicht zugänglich wären. So könne synthetische ETFs Ressourcen abbilden, ohne wirklich Rohstoffe kaufen zu müssen und einzulagern.

 

Bessere Replikation

Darüber hinaus sind Swap-ETFs in der Lage, einige Märkte effizienter und genauer abzubilden als physische ETFs. Die Rendite ergibt sich immer aus dem zugrunde liegenden Index und ist unabhängig von den tatsächlich gehaltenen Werten.

Physische und synthetische ETFs bieten immer mehr Anlagemöglichkeiten auf der ganzen Welt für eine stabile Rendite. Aber Synthetische ETFs werden seit der letzten Finanzkrise immer unbeliebter und finden nur noch in Europa einen echten Markt.
Physische und synthetische ETFs bieten immer mehr Anlagemöglichkeiten auf der ganzen Welt für eine stabile Rendite. Aber Synthetische ETFs werden seit der letzten Finanzkrise immer unbeliebter und finden nur noch in Europa einen echten Markt.

Nachteile und Risiken von synthetischen ETFs

 

Synthetische ETFs haben gegenüber physischen ETFs ein Risiko, da die zugrunde liegenden Aktien nicht eingekauft werden. Sollten sich die Beteiligten verspekulieren und zu viel Geld verlieren, besteht das Risiko von Zahlungsausfall. Werden ungewöhnlich hohe Renditen mit einem Index erzielt, könnte ein Fonds mit hohem Volumen ebenfalls schnell in Zahlungsschwierigkeiten geraten, da das tatsächlich investierte Geld diese Renditen nicht erzielt hat. In Deutschland und auch großteils in Europa zählt das Kapital in Aktien und ETFs als Sondervermögen, sodass die Anleger ihr Geld nicht verlieren können.

 

Durch das Einbeziehen einer dritten Partei mittels Swaps tritt bei synthetischen ETFs ein sogenanntes Kontrahentenrisiko auf. Die Tauschpartner sind davon abhängig, dass diese ihren Verpflichtungen nachkommen und auch genügend Kapital zur Verfügung haben, um die Zahlungen zu leisten. Bei einigen ETFs kann auch mehr als ein Swap-Partner involviert sein, sodass es eine Drei- oder seltener auch eine Vier-Parteien-Vereinbarung gibt. Das Wiki zu synthetischen ETFs gibt direkt einen Hinweis auf mangelnder Transparenz und zunehmender Komplexität, die zu regulatorischen Bedenken führen.

 

Da ETFs zu den beliebtesten Aber was passiert denn nun tatsächlich mit dem Geld, das die Anleger in synthetische ETFs investieren und wie wird es abgesichert?

UCITS-Regelwerk

 

Bei vielen ETF-Produkten findet sich im Titel oder der Beschreibung der Ausdruck UCITS - Undertakings for Collective Investments in Transferable Securities (auf Deutsch: Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW)). Das UCITS-Regelwerk wird von den europäischen Behörden vorgegeben, um einen einheitlichen Standard für die Indexfonds Produkte zu haben. Diesen Sicherheitsstandards folgen mittlerweile über 75 % aller ETFs.

 

Die wichtigsten Punkte des UCITS-Regelwerks:

  1. Mindestdiversifikation soll Risiken mindern, indem Einzelaktien in einem ETF maximal 20 % einnehmen dürfen (35 % unter besonderen Marktbedingungen)
  2. Kein Emittentenrisiko – eine unabhängige Depotbank verwaltet die ETFs
  3. Liquiditätsgarantie – Es muss ausreichend Kapital vorhanden sein, um Anlegern ihre Einlagen auszuzahlen, auch wenn der Handel an der Börse in Schwierigkeiten gerät. 
  4. Swap Reset – Wenn der Wert des Sicherheits-Portfolios unter dem Wert des Index sinkt, muss der ETF-Anbieter die Differenz täglich zu 100 % mit Staatsanleihen oder Bargeld absichern.
  5. Keine Laufzeitbeschränkung – Anleger dürfen jederzeit ihre Einlagen aus dem ETF nehmen und wieder einzahlen. Zusätzlich gibt es kein Enddatum für einen ETF.
  6. 10 % - Höchstens 10 % des Fondsvermögens darf in Swaps vorhanden sein oder anders formuliert, das Sicherheiten-Portfolio (engl. collateral) darf nicht unter 90 % fallen.
  7. Transparenz – Die Zusammensetzung der Sicherheiten kann beim ETF-Anbieter eingesehen werden

 

Das Kontrahentenrisiko kann also selbst durch das UCITS-Regelwerk nicht vollständig eliminiert werden. Der Zusammenbruch der Credit Suisse hat gezeigt, dass selbst riesige Banken zahlungsunfähig werden können. Ein extremes, aber simples Beispiel. Das Sicherheiten-Portfolio ist vollständig in Japan investiert und der abgebildete Index ist in die USA investiert. Aufgrund einer neuen Krise mit China bricht der japanische Markt zusammen, während die amerikanischen Aktien im abgebildeten Index steigen.

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Anbieter und Marktanteil von physischen vs. synthetischen ETFs

 

BlackRock ist mit den iShares Produkten der größte Anbieter auf der Welt für ETFs (fast 44 % Marktanteil). Das Geschäft mit synthetischen ETFs gibt es bei BlackRock bisher nicht und soll es auch nicht geben - „was man hat, das hat man“ ist das Motto des Investmentgiganten bei der Indexreplikation. Bei physischen vs. synthetischen ETFs ist die Wichtigkeit der Haltedauer gleich, denn der Markt kennt langfristig nur eine Richtung.

 

Oftmals ist es eine gute Idee zu überprüfen, wo andere Investoren in Kapital anlegen. Mit dem Angebot auf den bekannten Vergleichsseiten justETF und extraETF in Bezug auf die Index Replikationsmethode, kann man den Marktanteil von physischen vs. synthetischen ETFs abschätzen. Eine Analyse von Vanguard gibt ebenfalls Aufschluss über die Verteilung von physischen vs. synthetischen ETFs an. Die Analyse von Vanguard gibt den Marktanteil für verschiedene Märkte an, z.B. USA und Europa.

 

 


Thomas Feldhaus

Thomas Feldhaus

Chefredakteur

Wirtschaftsjournalist mit Faible für Unternehmensverantwortung und Leidenschaft für Radsport.

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