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Aktien vermieten: Passives Einkommen mit Wertpapierleihe generieren

Autor: Thomas Breithaupt · Zuletzt aktualisiert: 18.06.24

Wirtschaft Finanzen Börse/Aktien · 8 Min. Lesedauer

Aktien vermieten: Passives Einkommen mit Wertpapierleihe generieren - Titelbild

Wer über ein großes Portfolio von Einzelaktien verfügt, kann Aktien vermieten, um ein zusätzliches passives Einkommen zu erhalten. Die Rendite ist sehr gering, hat dafür aber auch kaum Nachteile. Einige Broker bieten die Vermietung von Aktien an, sodass man einfach eine Erlaubnis für das gesamte Portfolio erteilen kann. Die Wertpapierleihe ist seit 2012 besser durch Gesetze geschützt und ermöglicht Hedgefonds und weiteren Anlegern Leerverkäufe („Short-Selling“) von Aktien. Das Vermieten von Aktien wird im Optionshandel für gedeckte Kaufoptionen („Covered Calls“) genutzt. Es gibt ETFs und weitere Fonds, die auf die Vermietung von Aktien spezialisiert sind.

Wie funktioniert das Vermieten von Aktien?

Wenn eine Aktie vermietet wird, leiht sich ein anderer Marktteilnehmer die Aktie gegen eine Gebühr für einen bestimmten Zeitraum aus. Innerhalb dieser Zeit wird das Stimmrecht übertragen, während das Recht auf eine Dividendenzahlung vertraglich erwähnt sein muss.

Aktien vermieten in Kürze

  • Aktienvermietung ermöglicht passive Einnahmen durch Verleihen von Aktien gegen eine Gebühr.
  • Verliehene Aktien werden oft für Leerverkäufe (Short Selling) genutzt.
  • Leerverkäufe spekulieren auf fallende Kurse, um Gewinne zu erzielen.
  • Mieter verkauft Aktie → Kurse fallen → Mieter kauft billigere Aktie → Vermieter bekommt Aktie zurück.
  • Mieter erhält das Stimmrecht; Dividendenrechte werden vertraglich gesondert festgelegt.
  • Mieter stellt Sicherheiten (i.d.R. 102-110 % des Marktwerts).
  • Gedeckte Leerverkäufe: Sicherheiten in Form von Bargeld oder Wertpapieren.
  • Ungedeckte Leerverkäufe (ohne Sicherheiten) sind in der EU verboten.
  • Geringe Rendite, abhängig von der Nachfrage nach den Aktien.
  • Größere Leerverkäufe sind meldepflichtig.
Warum vermietet man Aktien?

Leerverkäufe (Short Sale) sind der häufigste Grund. Der Mieter leiht die Aktie, verkauft diese zum aktuellen Marktpreis und versucht, die Aktie innerhalb der Mietdauer wieder günstiger zu kaufen, um daraus einen Profit zu erwirtschaften.

Aktien vermieten im Detail

 


Die Vermietung von Aktien, auch als Wertpapierleihe bekannt, ist ein Prozess, bei dem Anleger ihre Aktien gegen eine Gebühr an andere institutionelle Anleger, häufig Pensionsfonds, Investmentfonds oder andere große Investoren, verleihen. Technisch gesehen beginnt dieser Prozess mit einer Vereinbarung zwischen dem Verleiher und dem Mieter, oft vermittelt durch eine Depotbank oder einen spezialisierten Dienstleister. Der Mieter hinterlegt Sicherheiten in Form von Bargeld oder anderen Wertpapieren, die in der Regel den Marktwert der geliehenen Aktien übersteigen, um das Risiko für den Vermieter zu minimieren. Die Aktien werden dann über eine zentrale Verwahrstelle oder über den elektronischen Handel in das Depot des Mieters übertragen. Dieser Mechanismus stellt sicher, dass die Eigentumsrechte während der Leihdauer ordnungsgemäß dokumentiert und verwaltet werden.

 

Die Depotbank des Vermieters koordiniert die gesamte Transaktion und stellt sicher, dass die Sicherheiten korrekt hinterlegt und regelmäßig bewertet werden. Gleichzeitig überwacht sie die Einhaltung der vertraglichen Bedingungen und sorgt für die termingerechte Rückgabe der geliehenen Aktien. Der Mieter nutzt die geliehenen Aktien in der Regel für Leerverkäufe oder zur Erfüllung von Handelsverpflichtungen. Sobald der Mieter die Aktien zurückgeben muss, erfolgt die Rückübertragung in umgekehrter Reihenfolge, wobei die Sicherheiten freigegeben werden, wenn die Aktien wieder in das Depot des Vermieters übertragen wurden.

Aktien vermieten - gesetzliche Vorgaben

 

Die Höhe der Sicherheiten (Collaterals) wird in Deutschland und der EU durch die Basel III-Richtlinien (PDF) vorgegeben. Es wird kein fester Prozentsatz genannt, aber typische Werte für Sicherheiten sind 102 % bis 110 % des Marktwertes der geliehenen Wertpapiere. Handelt es sich um Leerverkäufe, gilt unter anderem die EU-Verordnung Nr. 236/2012 (Short Selling Regulation). Der Mieter muss in der Lage sein, die geliehen Wertpapiere innerhalb eines bestimmten Zeitraums (~ 4 Tage nach Stichtag) zu liefern. Zudem sind größere Leerverkäufe meldepflichtig.

 

Dies ist keine rechtliche Beratung. Die genauen gesetzlichen Vorgaben ändern sich laufend, sodass die genannten Werte nicht zutreffend sein müssen.

Aktien vermieten bringt geringe Rendite

 

Wer Aktien vermieten will und damit eine gute Rendite erzielen möchte, muss Aktien kaufen, die gerne gemietet werden. Ob überhaupt eine Rendite erzielt wird, hängt vollständig davon ab, ob jemand die eigenen Aktien mietet. Daher kann die Gesamtrendite sich stark unterscheiden. Die Wertpapierleihe ist besonders für Langzeit Investments geeignet. Die Aktien liegen sowieso im Depot und könnten eine zusätzliche Rendite erwirtschaften. Wie viel bekommt man aber, wenn man eine Aktie tatsächlich vermietet?

 

Gängige Angaben bewegen sich zwischen 0,25 % und 2 % pro Jahr. Dazu muss beachtet werden, dass man die eigenen Aktien für gewöhnlich nur für Tage bis Monate vermietet und daher mit einer kleineren Zahlung rechnen muss. Es gibt aber auch einige Aktien, die deutlich beliebter sind und eine bessere Rendite versprechen. Hat eine Aktie eine schlechte Liquidität oder ist sehr gefragt, werden meistens höhere Zinsen von über 5 % gezahlt. Mit steigender Rendite steigt auch das Risiko von Wertverlust. Es gilt also, die richtigen Aktien zu finden, zwischen Wertverlust und Rendite durch die Vermietung von Aktien.

Ist das Vermieten von Aktien gefährlich?

Bei gedeckten Leerverkäufen werden Sicherheiten in Form von Staatsanleihen hinterlegt, die bei Vertragsbruch oder Zahlungsunfähigkeit an den Vermieter gehen. Das Sicherheitspolster ist bei Vertragsabschluss mehr Wert als die Aktie selbst.

Wird diese Sicherheit nicht hinterlegt, handelt es sich um ungedeckte Leerverkäufe und es besteht ein erhebliches Risiko. Das ist seit 2012 in der EU verboten.

Risiko bestimmt die Rendite bei der Wertpapierleihe

 

Letztendlich bestimmt das strategische Risiko das Ertragspotenzial eines Wertpapierleihprogramms. Schwer zu verleihende Wertpapiere bringen die höchsten Renditen bei der Wertpapierleihe, können aber auch zu den volatilsten Titeln auf dem Markt gehören. Das zeigen die Zahlen in den regelmäßigen Berichten von S&P. So wurden im Jahr 2022 und 2023 mit den Meme-Aktien und stark fallenden Trend-Aktien wie Beyond Meat die größten Gewinne durch die Vermietung von Aktien erzielt. Hätte man aber die Beyond Meat Aktie zum Verleihen seit Jahren gehalten, müsste man einen Wertverlust von mehr als 90 % hinnehmen.

 

Top 5 Aktien 2022 nach Gesamtrendite durch Aktien vermieten:

 

  • Gamestop Corp (GME): $150,87 Millionen USD
  • Beyond Meat Inc (BYND): $133,94 Millionen USD
  • Lucid Group Inc (LCID): $117,86 Millionen USD
  • AMC Entertainment Holdings Inc (AMC): $93,40 Millionen USD
  • Sirius XM Holdings Inc (SIRI): $82,60 Millionen USD

 


Top 5 Aktien 2023 nach Gesamtrendite durch Aktien vermieten:

 

  • AMC Entertainment Holdings Inc (AMC): $661,3 Millionen USD
  • Sirius XM Holdings Inc (SIRI): $235,1 Millionen USD
  • Beyond Meat Inc (BYND): $191,3 Millionen USD
  • Lucid Group Inc (LCID): $159,3 Millionen USD
  • Nikola Corp (NKLA): $139,9 Millionen USD

 

Wenn ein Portfolio größtenteils aus diesen risikoreichen Titeln besteht, können die Erträge aus der Wertpapierleihe hoch sein, aber die Strategie kann auch sehr riskant sein. Thematische Fonds mit konzentrierten Portfolios erzielen daher in der Regel die höchsten Wertpapierleiherträge. Der Invesco Alerian Galaxy Crypto Economy ETF SATO beispielsweise konnte seine Performance im Jahr 2022 durch Wertpapierleihe um mehr als 3 Prozentpunkte steigern. Dennoch verlor der Fonds in diesem Jahr 80 %. Keiner der weltweit 10 besten Fonds nach Rendite durch Wertpapierleihe übertraf 2022 den Markt, und viele erlebten eine viel höhere Volatilität.

Immobilien vermieten oder Aktien vermieten

 

Anleger vergleichen häufig Immobilien- und Aktieninvestitionen im Hinblick auf ihre Rendite. Historisch gesehen haben Aktien bessere Renditen als Immobilieninvestitionen erbracht. "Aktien haben im Durchschnitt etwa 8 bis 12 % pro Jahr eingebracht, während Immobilien eine Rendite von 2 bis 4 % pro Jahr erzielten", sagt Peter Earle, Wirtschaftswissenschaftler am American Institute for Economic Research. Neben der Rendite durch Wertsteigerungen können beide Anlageklassen auch eine Rendite durch das Vermieten erwirtschaften. Bei Aktien liegt diese Rendite jedoch typischerweise niedriger als bei Immobilien.

 

Im Gegensatz zu Immobilien sinkt bei Aktien mit steigenden Mieteinnahmen in der Regel der Wert der Anlage. Erzielt eine Immobilie mehr Mieteinnahmen, steigt dadurch fast immer auch der Wert, da potenzielle Käufer von höheren Einnahmen profitieren. Bei Aktien ist das Gegenteil der Fall. Die Mietpreise für Aktien steigen, weil die Aktie an Wert verliert. Die Aktie wird „geshortet“, da die Anleger von einem Wertverlust ausgehen.

 

Allgemein ist das Vermieten von Aktien mit deutlich mehr Risiko verbunden, als das Vermieten von Immobilien. Einer der Hauptvorteile von Aktien vermieten für Privatanleger ist eine Abfederung gegen Wertverluste. Wer eine Immobilie vermietet, denkt aus gutem Grund nicht als Erstes an eine Abfederung gegen Wertverluste. Eine passende Aktie für regelmäßige Mieteinnahmen zu finden, ist vergleichsweise schwieriger als eine Immobilie zu finden, die regelmäßig Mieteinnahmen generiert.

Covered Call ETFs

 

In Deutschland sind wegen der strengen Auflagen der EU nur sehr wenige Covered Call ETFs verfügbar. Die Covered Call ETFs existenten in Deutschland erst seit wenigen Monaten und wie zuvor geschrieben, war die bisherige Rendite von ausländischen Covered Call ETFs schlechter als der Marktdurchschnitt. 

 

  • Global X Nasdaq 100 Covered Call UCITS ETF D (ISIN: IE00BM8R0J59)
  • Global X S&P 500® Covered Call UCITS ETF D (ISIN: IE0002L5QB31)
  • UBS ETF (IE) US Equity Defensive Covered Call SF UCITS ETF (USD) A-acc (IE00BLDGHX39)

 

Covered-Call-ETFs haben stark an Zugkraft gewonnen. Dies ist wahrscheinlich auf die Tatsache zurückzuführen, dass bei der Suche nach den ETFs mit der höchsten Dividendenrendite Covered-Call-ETFs in der Regel ganz oben auf der Liste stehen. In der Tat zahlt der Global X S&P 500® Covered Call ETF eine rechnerisch atemberaubende 12-Monats-Nachlaufrendite von 10,5 %. Dafür ist die Anlagerendite, also die Wertsteigerung der Anlage, deutlich schlechter. Experten sehen es als Natur der Dinge, dass gedeckte Calls in einem Markt, der wie im obigen Beispiel weiter steigt, keine bessere Rendite erzielen können. Da der Markt (langfristig gesehen) fast immer gestiegen ist, sind Covered-Call-Strategien auf Fonds dazu bestimmt, langfristig zu verlieren.

Aktien vermieten nach Ulrich Müller

 

Wer sich mit dem Thema Aktien vermieten beschäftigt, kommt in Online-Suchen sehr schnell auf Ulrich Müller. Er ist ein bekannter deutscher Investor und Autor, der in seinen Werken und Seminaren umfassend über die Vermietung von Aktien spricht. Das Konzept von Aktien vermieten oder "Covered Call Writing" ist eine Strategie, die Ulrich Müller oft mit seiner Wealth Academy empfiehlt. Mit seinen 30 Jahren Erfahrung und über 30.000 Stunden an der Börse, hat er nach eigener Aussage ein perfektes System entwickelt, das er nun professionell vermittelt. Bei der Vermietung von Aktien spricht Ulrich Müller aber über viele weitere Optionen und Finanzinstrumente an der Börse, mit denen man auch auf steigende Kurse setzen kann (Cash Secured Put).

 

Grundsätzlich geht es darum, Geld damit zu verdienen, wenn man weiß, in welche Richtung sich der Markt bewegt. Anstatt nur eine Aktie zu kaufen oder auf fallende Kurse zu setzen, werden viele weitere Optionen genutzt, um auf eine Marktentwicklung zu setzen. Es erfordert viel Arbeit, sich mit der aktuellen Marktsituation zu beschäftigen. Den positiven Bewertungen und Erfahrungsberichten nach, vermittelt Ulrich Müller eine Reihe von Instrumenten im Optionshandel, um Aktien zu vermieten und weist auch auf alle Risiken hin. Eine erfolgreiche Umsetzung der Strategie erfordert dennoch erhebliche Kenntnisse und Erfahrung an der Börse.

 

Kritik und Diskussionen finden sich in Finanzforen der Depotbank Comdirect, auf Reddit und vielen weiteren Plattformen.

Fazit zur Vermietung von Aktien

 

Die Vermietung von Aktien ermöglicht es Anlegern, ein passives Einkommen zu erzielen. Besonders bei gefragten und volatilen Aktien wie Wachstumsaktien, KI-Aktien und ETFs können die Gebühren für die Vermietung attraktiv sein. Die Erträge aus der Wertpapierleihe bieten eine zusätzliche Einkommensquelle neben Dividenden und Kursgewinnen. Dies ist besonders relevant für Anleger, die Ihre Portfolios breiter aufstellen möchten. Die Rendite aus der Vermietung ist im Vergleich zu direkten Aktiengewinnen oft gering und hängt stark von der Nachfrage nach den Aktien ab. Es hängt vollständig von der Nachfrage ab, wie hoch die Rendite ist oder ob überhaupt Einnahmen mit Aktien vermieten erzielt werden.


Die aktive Verwaltung von Aktienleihen erfordert fortgeschrittenes Wissen und eine regelmäßige Überwachung der Marktbedingungen, sodass die Methode das Börsenwissen für Einsteiger häufig überschreitet. Gerade das Risiko vom Wertverlust der Aktie selbst ist häufig schwer abzuschätzen. In volatilen Märkten kann das Risiko erhöht sein, und unerwartete Marktbewegungen können zu Verlusten führen. Die Rendite der Wertpapierleihe liegt typischerweise zwischen 0,25 % und 2 % pro Jahr, kann aber bei besonders gefragten Aktien auch höher sein. Sichere Aktien bieten meistens eher geringe Mieteinnahmen, während Small Cap Aktien und volatile Titel mehr generieren. Höhere Renditen gehen jedoch oft mit höherem Risiko einher, insbesondere bei weniger liquiden oder stark nachgefragten Aktien.


Thomas Breithaupt

Thomas Breithaupt

Redakteur

Mit einer Leidenschaft für Technik- und Finanzthemen war der Schritt vom Physikstudium zum Wirtschaftsjournalismus vorprogrammiert. Das analytische Denkvermögen hilft, sachlich zu berichten und neben der Entwicklung von Software eine fundierte Berichterstattung zu erstellen. Zwischen den Recherchen hilft Sport dabei, einen klaren Kopf zu bewahren und hält fit für den Surfurlaub.

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