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Warum Photovoltaik auf Ackerflächen umstritten ist

Autor: Felix Wolf · Zuletzt aktualisiert: 30.06.24

Nachhaltigkeit · 7 Min. Lesedauer

Warum Photovoltaik auf Ackerflächen umstritten ist - Titelbild

Photovoltaik auf Ackerflächen sieht auf den ersten Blick sehr vorteilhaft aus, da gleichzeitig Lebensmittel und grüner Strom erzeugt werden können. Dennoch sind viele Landwirte gegen dieses Konzept. Für die Kombination von Solaranlagen und landwirtschaftlicher Nutzung werden aktiv neue Gesetze in europäischen Ländern erlassen und in Deutschland wird eine bessere Vergütung für die doppelte Flächennutzung ausgeschüttet. Die Doppelnutzung von Feldern bringt eine neue Einnahmequelle und für empfindliche Kulturen sogar den gewollten Halbschatten oder neue Möglichkeiten in trockenen Regionen. Landwirte haben die Möglichkeit zur Verpachtung von Ackerflächen für Photovoltaikanlagen, die so hoch montiert werden, dass weiterhin der Acker bestellt werden kann. Viele Landwirte und Experten sind gegen den Tausch von landwirtschaftlicher Fläche zur Stromerzeugung und bevorzugen die Doppelnutzung.

Kann man auf Ackerland eine Solaranlage bauen?

Ja, auf Ackerland dürfen Solaranlagen gebaut werden. Es gibt verschiedene Einschränkungen bei Doppelnutzung durch Agri-Photovoltaik oder der reinen Nutzung von Photovoltaik auf Ackerflächen.

Photovoltaik auf Ackerflächen: Agri-Photovoltaik


Wenn auf landwirtschaftliche Flächen wie Felder zusätzlich Photovoltaikanlagen installiert werden und die Fläche weiterhin landwirtschaftlich genutzt werden kann, wird das als Agri-Photovoltaik bezeichnet. Würde die Fläche nicht mehr landwirtschaftlich genutzt, wäre es einfach nur ein Solarpark. Reine Solarparks auf Feldern haben oftmals Nachteile für Natur, Landwirtschaft und den Landwirt selbst. Bei der landwirtschaftlichen Nutzung geht es sowohl um Pflanzen, als auch um Tiere. Es gibt zwei Möglichkeiten, wie Agri-Photovoltaik funktioniert und umgesetzt werden kann, entweder mit einem Dach aus Photovoltaikanlagen über dem Feld, oder als vertikale Zäune aus Photovoltaikanlagen, die ein Feld in Reihen unterteilen. Dasselbe Konzept wird auch auf Parkplätzen und weiteren Freiflächen angewendet.

 

Dächer aus Solarzellen


Die verbreitete Methode ist es, ein Dach aus Solarzellen über ein Feld zu bauen. Dabei sind die Stützen hoch genug und in einem so großen Abstand, dass landwirtschaftliche Geräte wie Trecker mit Gerät wie gewohnt das Feld bestellen können. Die Dächer benötigen jedoch viel zusätzliches Montagematerial. Je nach Sonneneinstrahlung werden die Abstände geplant, sodass weiterhin Licht auf die Pflanzen unter den Solarzellen kommt. Es entsteht aber immer ein Halbschatten und schränkt dadurch die Vielfalt des Feldes dauerhaft ein, kann aber auch neue Arten ermöglichen.

 

Zaun aus Solarzellen


Die zweite Möglichkeit sind mehrere Reihen vertikaler Zäune auf der landwirtschaftlichen Fläche, deren Abstand groß genug für die Fahrzeuge sein muss. Die Zäune werden meistens nicht besonders hoch montiert, sodass die Pflanzen ebenfalls nicht hoch wachsen dürfen. Dadurch wird die Pflanzenvielfalt wieder eingeschränkt, wodurch viele Landwirte das Feld nur noch zur Produktion von Heu verwenden. Dafür sind die zahlreichen Zäune ein sehr guter Windschutz, lassen mehr Sonne auf das Feld und benötigen weniger Montagematerial.

In Deutschland setzt sich das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft für die doppelte Flächennutzung in der Landwirtschaft ein. Die Förderung ist höher als bei normalen Solarparks.
In Deutschland setzt sich das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft für die doppelte Flächennutzung in der Landwirtschaft ein. Die Förderung ist höher als bei normalen Solarparks.

Vorteile von Photovoltaik auf Ackerflächen

 

Photovoltaik auf Ackerflächen bietet verschiedene Vorteile, wie die doppelte Nutzung der Fläche, Schutz vor Wetter und potenziell höhere Einnahmen und Anbau von neuen Pflanzenarten. Die deutsche Politik fördert die doppelte Nutzung von Ackerflächen.

 

Finanzieller Vorteil von Agri-Photovoltaik durch Doppelnutzung


Durch die Doppelnutzung entsteht ein finanzieller Vorteil durch die zusätzliche Stromerzeugung. Jedoch sieht die EEG-Förderung keine besondere Vergütung für Photovoltaik auf Ackerflächen vor, sodass man am Anfang mit höheren Montagekosten als bei einem gewöhnlichen Solarpark rechnen muss. Durch den Halbschatten kann auf einer Tierweide Wasser gespart werden oder es können Beeren, Obst und Wein im Halbschatten gedeihen. An den Stützen der Solaranlagen können beispielsweise Halterungen für die Pflanzen montiert werden.

 

Fördergelder und bessere Vergütung


In Deutschland setzt sich das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) für die Agri-Photovoltaik ein. Die Mehrfachnutzung der Flächen wird unterstützt und bevorzugt. Das Ministerium sieht vor, dass maximal 15 % der Fläche für die Photovoltaikanlagen, bzw. den Unterbau, verwendet werden, sodass mindestens 85 % weiterhin für landwirtschaftliche Zwecke genutzt werden kann. Diese 85 % oder mehr sollen dann weiterhin mit GAP-Mitteln (Gemeinsamen Agrarpolitik) gefördert werden. 

 

Das EEG sieht ebenfalls eine besondere Förderung von der Agri-Photovoltaik vor. Moorböden und Naturschutzgebiete sind vom EEG ausgeschlossen, bzw. PV Anlagen in Moorgebieten haben eine gesonderte Förderung und Genehmigung. Das Solarpaket I aus 2024 sieht vor, dass mindestens 50 % als Dachanlagen erfolgt. Agri-PV-Anlagen profitieren von spezifisch höheren Fördersätzen im Rahmen des Solarpakets I von bis zu 9,5 Cent pro Kilowattstunde (kWh) mit schrittweiser Erhöhung, um den Ausbau zu fördern.

 

Klimavorteil von Photovoltaik auf Ackerflächen


Zum einen trägt sie zur Energiewende und zum Klimaschutz bei, da sie erneuerbare Energie produziert und somit den CO₂-Ausstoß reduziert. Der Strom aus Photovoltaikanlagen ist über das Jahr gerechnet viel größer als durch Biogasanlagen erzeugt werden kann. Das Thünen-Institut hat berechnet, dass pro Hektar etwa 170-230 Haushalte mit Solarstrom versorgt werden können, während es mit Biogas nur 7 Haushalte sind. Agrarheute gibt ein Faktor von 32 von Mais gegenüber Photovoltaik auf Ackerflächen an. Durch das Konzept der Agri-Photovoltaik kann man mit weniger als 170 Haushalten rechnen, aber dennoch entsteht ein deutlich größerer Klimavorteil.

 

Agri-Photovoltaik besser als Solarparks auf Acker


Die Agri-Photovoltaik ist besser als reine Solarparks auf landwirtschaftlichen Flächen. Bauernverbände und weitere Experten sind sich einig, dass die Agri-Photovoltaik eine bessere Lösung ist, als landwirtschaftliche Flächen vollständig für die Stromproduktion abzugeben. Durch eine langfristige Nutzung von Ackerflächen für Photovoltaikanlagen kann die Bodenqualität beeinträchtigt werden, da über Jahrzehnte das Sonnenlicht und die Natur fast vollständig ausgeschlossen wird.

 

Schutz vor Sonne, Wind und Hagel


Ein weiterer Vorteil von Photovoltaik auf Ackerflächen ist der zusätzliche Schutz vor dem Wetter. Ein Dach schützt empfindliche Pflanzen vor Hagel und zu viel Sonne, während vertikale Zäune aus Solarzellen einen sehr guten Windschutz bieten. Dennoch wird bei Starkregen das Wasser mehr gebündelt und kann Probleme verursachen, wenn keine zusätzlichen Investitionen getätigt werden. In vielen Fällen wird die Ernte aber besser geschützt. Die Tierhaltung profitiert ebenfalls von dem Halbschatten unter den Photovoltaikanlagen.

 

Naturschutz durch Agri-Photovoltaik


Bei Naturschutz scheiden sich die Geister etwas. Ein Vorteil durch die Agri-Photovoltaik ist mehr Schutz für bestimmte Tierarten (Wiesenbrüter) vor natürlichen Feinden, da die Fläche in der Regel eingezäunt ist. Dennoch unterscheiden sich Schatten und Niederschläge von freien Flächen in der Umgebung und könnten so das Artengefüge durcheinanderbringen. Durch zu große oder zu viele Baumaßnahmen könnten auch natürliche Wanderwege von Wildtieren unterbrochen werden. Die Biodiversität erhält so also neue Chancen durch die Agri-Photovoltaik, dessen Einfluss im großen Maßstab aber nicht abzuschätzen ist.

Nachteile von Photovoltaik auf Ackerflächen

 

Photovoltaik auf Ackerflächen birgt auch Herausforderungen und Nachteile für die Landwirte und Natur. Die Konkurrenz um Flächen, Einschränkung der Biodiversität, langfristige Bodenschäden oder falsche Kalkulationen beim Ertrag oder bürokratischen Aufwand müssen bei Photovoltaikanlagen auf Ackerflächen bedacht werden.

 

Konkurrenz um landwirtschaftliche Flächen


Ein wesentlicher Nachteil besteht darin, dass die Anlagen Konkurrenz um Flächen erzeugen und dadurch landwirtschaftliche Produktion verdrängen können. Besonders in dicht besiedelten Regionen, wo Flächen knapp sind, kann die Investition in Solarparks zu Konflikten führen. Zudem kann die landwirtschaftliche Nutzung durch die Anlagen eingeschränkt werden, beispielsweise durch die Schattenbildung oder die Veränderung des Bodens unter den Anlagen. 

 

Beeinträchtigung der Biodiversität

 

Auch die Beeinträchtigung der Biodiversität durch die Photovoltaikanlagen kann ein Nachteil sein, insbesondere wenn sie auf ökologisch wertvollen Flächen errichtet werden. Zäune und weitere Baumaßnahmen beeinträchtigen Tiere und Boden. Daher ist es wichtig, bei der Planung und Umsetzung von Photovoltaikanlagen auf Ackerflächen sorgfältig abzuwägen, welche Flächen dafür geeignet sind und wie die Auswirkungen auf die Umwelt und die Landwirtschaft minimiert werden können.

 

Kosten von Photovoltaik auf Ackerflächen

 

Um Photovoltaik auf Ackerflächen mit der landwirtschaftlichen Nutzung zu vereinen, sind größere Konstruktionen notwendig, als bei einem normalen Solarpark. Dazu können Spezialmodule kommen, die einen Teil des Lichts für die Sonne durchlassen. Um Tiere auf den Solar-Weiden zu halten, müssen besondere Vorsichtsmaßnahmen eingehalten werden, damit sowohl die Tiere, als auch die Anlagen nicht beschädigt werden. Wegen den höheren Kosten sieht die Bundesregierung mit dem Solarpket I und für weiteren Gesetzen in der Zukunft eine bessere Vergütung vor. Dennoch müssen Landwirte oder Investoren in Vorkasse gehen.

Expertenmeinungen und Fazit

 

Die Installation von Photovoltaikanlagen auf Ackerflächen bringt viele Vorteile mit sich, aber auch einige Nachteile. Einerseits können sie zu einer effizienteren Flächennutzung beitragen, erneuerbare Energie produzieren und somit einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten, sagt Max Trommsdorff, Agri-PV Forschungsleiter am Fraunhofer ISE. Andererseits können sie auch Konflikte mit der landwirtschaftlichen Produktion verursachen, die Biodiversität beeinträchtigen und den Boden unter den Anlagen verändern. Der Bauernverband und die Bürgerinitiative Eldetal warnt vor Veränderungen im Boden und kritisiert Stromproduktion im Tausch für eine heimische Nahrungsmittelversorgung. Es könnte ein ähnliches Problem wie mit Biogasanlagen entstehen, sodass die landwirtschaftlichen Flächen nur auf Gewinne ausgerichtet werden und weniger auf eine optimale Versorgung der Region.

 

Politische Maßnahmen und Grenzwerte sind daher wichtig, wie diese bereits bei der Nutzfläche und dem Vergütungspreis verabschiedet wurden. In Zukunft wird die Nachfrage nach erneuerbarer Energie weiter steigen, was auch den Ausbau von Photovoltaik auf Ackerflächen vorantreiben könnte. Für Landwirte ist die Technik auf ertragsschwachen Böden an trockenen Standorten besonders interessant, sagt Hannes Blum, Energieökonom am Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW). Eine klimaneutrale und nachhaltige Energieversorgung profitiert von den neuen Konzepten. Zwar ist die Stromerzeugung pro Feld mit Windkraft deutlich höher, aber die Windkraft alleine reicht nicht aus und die Agri-Photovoltaik bietet für die Landwirtschaft zusätzliche Vorteile.

 

Verschiedene Anbieter der Agri-Photovoltaik führen Listen mit umgesetzten Projekten, während Forschungsinstitute wie das Fraunhofer-Institut Forschungsprojekte zu Agri-PV unterhält. Das Konzept der doppelten Nutzung von Ackerflächen ist noch relativ neu, aber mittlerweile gibt es erste wertvolle Erfahrungsberichte aus mehreren Jahren Betrieb. Die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft ist über den Fortschritt in der Politik erfreut und diskutiert über die beste Umsetzung. Dabei geht es um die Möglichkeiten im Weizenanbau und die passende Ausrichtung auf Maschinen der Zukunft.


Felix Wolf

Felix Wolf

Redakteur

Master-Student der Wirtschaftswissenschaften mit den Schwerpunkten Ökonometrie, Finanzen und Wirtschaftspolitik.

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