Inhaltsverzeichnis

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) – das Kartellgesetz einfach erklärt

Autor: Thomas Breithaupt · Zuletzt aktualisiert: 26.10.23

Recht · 7 Min. Lesedauer

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) – das Kartellgesetz einfach erklärt - Titelbild

Das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) wird auch Kartellgesetz genannt und soll für einen fairen Wettbewerb zwischen den Marktteilnehmern sorgen. Vereinfacht gesagt besteht das Gesetz aus den drei Grundsäulen Kartellverbot, Missbrauchsaufsicht und Fusionskontrolle. Dabei soll das GWB nicht verhindern, dass ein Unternehmen in Deutschland zum Marktführer in einem Bereich wird. Das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen soll nur verhindern, dass ein Unternehmen mit unfairen Mitteln zum Marktführer wird.

Für wen gilt das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen?

Das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen gilt für alle Unternehmen in allen Bereichen, sogar wenn das Unternehmen in öffentlicher Hand ist oder nur durch diese verwaltet wird. Für Versorger gelten Sonderregeln, darunter Energie-, Wasser-, Landwirtschaft und Presse.

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen einfach erklärt

 

Einfach gesagt, soll das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen den Markt fairer machen. Dazu zählen horizontale und vertikale Wettbewerbsbeschränkungen, um Absprachen, Einschränkungen oder Verfälschungen zu unterbinden. Dabei setzt sich das GWB aus den drei Grundsäulen Kartellverbot, Missbrauchsaufsicht und Fusionskontrolle zusammen. Das Gesetz wird auch auf der Vergabe öffentlicher Verträge angewendet. Es ist ein „Grundgesetz der Wirtschaft“, bekämpft Kartelle und behandelt Preisabsprachen, Manipulation von Angebot und Nachfrage und Unternehmenszusammenschlüsse (Fusionen).

Was bedeutet horizontal und vertikal im juristischen Kontext?

Vertikal und horizontal bezieht sich auf welcher juristischen Stufe (Hierarchieebene) eine Person/Unternehmen steht. Horizontal bedeutet auf der gleichen Stufe, z.B. Vertrag zwischen Unternehmen. Vertikal bezieht sich auf unterschiedliche Stufen, z.B. Bürger und Staat.

Kartellverbot – Horizontale Wettbewerbsbeschränkungen

 

Unter horizontalen Wettbewerbsbeschränkungen versteht man alle Beeinträchtigungen des Wettbewerbs durch ebenbürtige Marktteilnehmer. Dabei ist es egal, ob ein Marktteilnehmer den Wettbewerb mit Absicht beeinträchtigen will oder dies unwissentlich geschieht. Nach der Definition zählen zu den horizontalen Wettbewerbsbeschränkungen nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen die folgenden Punkte mit einem Beispiel zur Veranschaulichung:

 

  • Preisabsprachen – Tankstellen erhöhen gemeinsam Benzinpreis
  • Begrenzung der Produktion/des Angebots – Produzenten sprechen sich ab, gemeinsam die Produktion zu begrenzen;
  • Aufteilung von Märkten – McDonalds und Burger King teilen sich Gebiete auf. Absprache zwischen A und B im gleichen Einzugsgebiet; A liefert Beton bis 100 m³ und B ausschließlich ab 100 m³. 
  • Fusionskontrolle – Fusion von zwei Unternehmen schränkt Wettbewerb von Produkten zu stark ein; Bildung von Oligopol oder Monopol.

 

Beteiligen sich mehrere Unternehmen, spricht man von Kartellen. Die Kartellbildung führt dazu, dass die Unternehmen nicht mehr konkurrieren und so den Markt langfristig zerstören. Betroffen sind davon ganz besonders die Endverbraucher, da es keinen freien Wettbewerb mehr gibt und die Preise von einem Unternehmen/Kartell bestimmt werden.

Regelmäßig Informationen zu spannenden Investitionsmöglichkeiten und neuen Gesetzen erhalten?

SQUAREVEST Newsletter Abonnieren

Missbrauchsaufsicht – Horizontale Wettbewerbsbeschränkungen

 

Die Missbrauchsaufsicht ist etwas komplizierter, da es sich nicht direkt um Absprachen zwischen Unternehmen handelt. Bei der Missbrauchsaufsicht geht es wie bei dem Kartellverbot um die Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung. Die 10. GWB-Novelle aus dem Jahr 2021 erlaubt es dem Kartellamt bereits einzuschreiten, bevor ein Unternehmen zum Marktführer geworden ist. Es geht dabei ausschließlich um den Missbrauch der Marktstellung, nicht um die Marktstellung als Monopol selbst.


Verringert ein marktbeherrschendes Unternehmen den Umfang seines Angebots trotz einer entsprechenden Nachfrage und löst dadurch eine Preissteigerung aus, verhält es sich missbräuchlich gemäß dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen. Dazu erstellt die Monopolkommission grundsätzlich alle 2 Jahre ein Gutachten, die immer bis zum 30. Juni des Jahres abgeschlossen sein soll. Zusätzlich Gutachten werden extra angeordnet. Anhand dieses Gutachten wird die Entwicklung der Unternehmenskonzentration in Deutschland beurteilt.

Vertikale Wettbewerbsbeschränkungen

 

Zu den vertikalen Wettbewerbsbeschränkungen für Unternehmen zählen zum Beispiel öffentliche Aufträge vom Staat und Ausschreibungen. Es geht aber auch um Vereinbarungen zwischen Unternehmen auf verschiedenen Stufen, z.B. zwischen Händler und Hersteller/Lieferant oder einem Lizenznehmer einer großen Kette. Nach der Definition zählen zu den vertikalen Wettbewerbsbeschränkungen nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen die folgenden Punkte mit einem Beispiel zur Veranschaulichung:

 

  • Angebotsabsprachen – öffentliche Ausschreibung; alle Angebote sprechen sich ab und bieten überhöhten Preis an.
  • Markenzwang – Käufer wird verpflichtet, nicht bei Konkurrenz einzukaufen.
  • Preisbindung – Lieferant verlangt: Produkt nur zu bestimmten Preisen zu verkaufen; unverbindliche Preisempfehlung (UVP) muss Empfehlung bleiben.
  • Vertriebsbeschränkung – Abnehmer darf nur an bestimmte Kunden verkaufen
  • Aufteilung von Märkten - Abnehmer darf nur in bestimmten Regionen verkaufen
Bundeskartellamt erhält weitere Befugnisse im Kampf gegen Absprachen von Mineralölkonzerne und Spritpreise
Bundeskartellamt erhält weitere Befugnisse im Kampf gegen Absprachen von Mineralölkonzerne und Spritpreise

Beispiele - Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen

 

Aktuelle Pressemeldungen führt das Bundeskartellamt zu allen Fällen im Online-Portal. Bei Verstößen ist das Kartellamt auch auf Hinweise angewiesen.

 

Hört man die Definition und Erklärung von dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, denken viele zuerst an Spritpreise und geheime Absprachen der Betreiber. Die 11. Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen wurde wegen der Mineralölkonzerne verabschiedet und erleichter einerseits die Abschöpfung von übermäßigen Gewinnen und andererseits erlaubt es die Zwangsaufteilung von Teilen eines Unternehmens als letztes Mittel.

 

Das Bundeskartellamt führt online immer eine aktuelle Liste von der Fusionskontrolle. Dort finden sich Fallberichte zu freigegebene und untersagte Fusionen. So wird z.B. Veolia als einer der größten Entsorgungsbetriebe überprüft, wenn das Unternehmen wieder mal einen kleineren Betrieb aufkauft. Wer sich für Fusionsverbote durch interessiert, kann die Entscheidungsdatenbank nach Untersagung sortieren, um sich die bisher 65 Fälle seit dem Jahr 2000 anzusehen. So wurde z.B. 2011 ein neues Unternehmen von RTL und ProSiebenSat.1 für Video-on-Demand untersagt.

 

Bußgeld für RTL und ProSiebenSat.1

Das letzte Bußgeld wurde vom Bundeskartellamt ebenfalls gegen ProSiebenSat.1 und RTL im Jahr 2012 verhängt. Die Sendergruppe musste 55 Millionen Euro bezahlen, weil die beiden Medienanstalten sich zur TV-Grundverschlüsselung abgesprochen haben. Damit keiner einen Nachteil hat, wollten die Sender gemeinsam das kostenlose Programm einstellen.

 

Booking.com verlangt Preisbindung

Ende 2015 erklärt das Bundeskartellamt eine Klausel von Booking.com mit Hotels für kartellrechtswidrig. Booking verlangt von Hotels die besten Preise, höchste Zimmerverfügbarkeit und die besten Buchungs- und Stornierungsbedingungen. Damit müssten Hotels auf der eigenen Webseite teurere Preise und schlechtere Konditionen anbieten, als auf Booking.com, damit das Hotel dort erscheint.

 

Bundeskartellamt mahnt Google ab

Das Bundeskartellamt musste gegen Google bereits häufiger eingreifen. Die letzte Meldung gab es am 5.10.2023. Durch den Eingriff erhalten Nutzer bessere Kontrollmöglichkeiten über ihre Daten bei Google/Alphabet. Der Streit geht schon etwas länger, wie die Tagesschau Anfang Januar 2023 berichtet. Mitte 2022 hat das Kartellamt

Ergänzung am Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen durch die EU: Teil 4

 

Hohe Spritpreise zu Ferienanfang und zu Stoßzeiten fallen besonders auf. Wirtschaftsminister Habeck hat sich in diesem Zusammenhang ein Kartellrecht mit „Klauen und Zähnen“ gewünscht, das dieses Jahr 2023 auch in Kraft getreten ist. Es ist ein großer Einschnitt in das Wettbewerbsrecht und Kritiker wie der Bundesverband der Deutschen Industrie sehen sogar einen „Schaden für den Standort Deutschland“. Hauptkritik ist, dass Unternehmen bestraft werden können, nur weil der Markt Probleme hat und die Unternehmen nichts damit Zutun haben.

 

Das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen aus dem Jahr 1999 ist lang und wurde mehrmals geändert, zuletzt am 13.10.2023 und davor am 27.06.2023. Ursprünglich wurde das Kartell- und Wettbewerbsrechtes im Jahr 1958 eingeführt. Das Bundesamt für Justiz stellt alles Gesetzestexte online zur Verfügung. Es gab kaum ein Jahr, wo das Gesetz nicht ein wenig angepasst wurde, was die vielen Versuche der Regierung zeigen, gegen die Kartelle vorzugehen. In Teil 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen werden die Regeln des europäischen Vergaberechts in deutsches Recht umgesetzt.

 

Das deutsche Recht wird durch das Europäische Recht überlagert, insbesondere das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen durch Europäische Wettbewerbsregeln (EU-Kartellrecht). Das EU-Recht regelt vornehmlich den Handel und Wettbewerbsbeschränkungen zwischen den einzelnen Mitgliedsstaaten. Dennoch steht das EU-weite Kartellverbot gemäß Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) Art. 101 und 102 über dem deutschen GWB. Das Bundeskartellamt ist für die Umsetzung der europäischen Normen zusätzlich zu den GWB Vorgaben verantwortlich. Kapitel 3 im GWB behandelt die Anwendung des europäischen Wettbewerbsrechts in § 22 und 23.


Thomas Breithaupt

Thomas Breithaupt

Redakteur

Mit einer Leidenschaft für Technik- und Finanzthemen war der Schritt vom Physikstudium zum Wirtschaftsjournalismus vorprogrammiert. Das analytische Denkvermögen hilft, sachlich zu berichten und neben der Entwicklung von Software eine fundierte Berichterstattung zu erstellen. Zwischen den Recherchen hilft Sport dabei, einen klaren Kopf zu bewahren und hält fit für den Surfurlaub.

GENIESSEN SIE EXKLUSIVE VORTEILE

SQUAREVEST Newsletter Finanzen und Immobilien

  • regelmäßige Infos zu Finanz- und Immobilienthemen
  • Informationen zu neuen Anlagen auf der Informationsplattform
  • Informationen zu neuen Unternehmen
  • und vieles mehr
NEWSLETTER ANMELDEN

Kommentieren

Ihre E-Mail wird nicht veröffentlicht

Erforderliche Felder sind mit * markiert

Kommentar abschicken

Kommentare


Diese Beiträge könnten Sie auch interessieren