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Autor: Thomas Feldhaus · Zuletzt aktualisiert: 27.04.24
Finanzen · 8 Min. Lesedauer
Die Digitalisierung ist seit mehr als 20 Jahren ein großes Thema in der Wirtschaft. Der Finanzvertrieb ist da keine Ausnahme. Die Branche, insbesondere der Versicherungsvertrieb, hat sich anfangs eher zögerlich mit dem Thema auseinandergesetzt, ist aber inzwischen auf der Höhe der Zeit. Das liegt auch an Unternehmern und Managern wie Dr. Sebastian Grabmaier. Er hat das Potenzial früh erkannt und mit der JDC Group einen der führenden Plattformanbieter für die Finanzdienstleistungsindustrie mitgegründet.
Im Jahr 2004, dem Gründungsjahr der Aragon AG, dem Vorläufer der heutigen JDC Group AG, war die digitale Entwicklung mehr Vision als Realität. Das Platzen der New-Economy-Blase war noch nicht richtig verdaut, es gab rund fünf Millionen DSL-Anschlüsse in Deutschland, UMTS sollte der neue Mobilfunkstandard werden, Facebook wurde in den USA gegründet und Smartphones gab es noch nicht. Die Digitalisierung von Geschäftsprozessen, insbesondere im Finanzvertrieb war daher nur in Ansätzen erkennbar.
Knapp 20 Jahre später hat sich die JDC Group als einer der führenden Anbieter von intelligenten Plattformlösungen im Finanzvertrieb am Markt etabliert. Daran konnten auch die zuletzt schwierigen wirtschaftlichen Entwicklungen nichts ändern. Bei der Vorstellung der aktuellen Bilanzzahlen sprach CEO Dr. Sebastian Grabmaier von einem Rückblick mit einem weinenden und einem lachenden Auge. Nach einem schwachen Start konnte das Geschäftsjahr mit einem Umsatzplus von 10 Prozent auf 171 Millionen Euro und einer Verdoppelung des Gewinns auf 5,8 Millionen Euro abgeschlossen werden. Starkes Umsatzwachstum und ein stringentes Kostenmanagement haben diese ermöglicht und lassen Grabmaier zuversichtlich das Geschäftsjahr 2024 prognostizieren. „Wir erwarten für das laufende Geschäftsjahr eine Verdopplung unserer Wachstumsrate bei weiter deutlich verbesserten Gewinnen“, blickt Grabmaier positiv in die Zukunft.
Der erfolgreiche Jahresabschluss ist auch auf die starke Entwicklung im Versicherungsgeschäft zurückzuführen, mit der die schwächere Performance im Immobilien- und Finanzierungsgeschäft kompensiert werden konnte. Die JDC Group AG besteht aus den beiden Geschäftsbereichen Advisortech und Advisory. In beiden Segmenten will das Unternehmen mit dem Claim „Best advice. Better technology“ die Vision eines intelligenten Finanzvertriebs realisieren.
Hintergrund ist unter anderem eine Marktverschiebung von Maklerpools hin zu vertriebsunterstützenden Plattformen. Genau hier setzen Grabmaier und die JDC Group AG an, die mit ihrer Tochter Jung, DMS & Cie. einen eigenen Maklerpool betreibt. Im jährlichen Ranking der Fachzeitschrift cash konnte das Unternehmen seinen zweiten Platz erfolgreich verteidigen und gehört zu den wenigen Maklerpools, die auch in einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld zweistellige Zuwachsraten verzeichnen konnten.
Der Vertrieb von Finanzprodukten ist durch die zunehmende Digitalisierung von Geschäftsprozessen in Bewegung geraten. Neue Technologien führen zu Skaleneffekten und ermöglichen die Skalierung des Finanzvertriebs. Die Folge sind größere Pools mit mehr Marktmacht und ein damit einhergehender Verdrängungswettbewerb. Am Ende, so die Einschätzung von Dr. Sebastian Grabmaier, wird nur eine Handvoll digitaler Plattformen übrig bleiben. Diese haben sich längst breiter aufgestellt und ihr Geschäftsmodell um Bankprodukte erweitert. Bankassurance ist das Stichwort, das diese Entwicklung in einem Begriff zusammenfasst.
„Mit unserer Advisortech- und Plattformstrategie sind wir bestens aufgestellt, um einer der führenden Aggregatoren zu sein.“
CEO JDC Group AG
Dr. Sebastian Grabmaier
In einem Interview mit dem Fachmagazin „Das Investment“ spricht Grabmaier von einer Konsolidierung im Pool- und Plattformmarkt. Seiner Einschätzung nach werden sich kleinere Wettbewerber und Maklerpools an den führenden Anbietern orientieren. Ob dabei Kooperationen überwiegen oder es zu Fusionen kommt, sei noch offen. Sein eigenes Unternehmen sieht er dabei als Treiber und gut gerüstet. Grabmaier: „Mit unserer Advisortech- und Plattformstrategie sind wir bestens aufgestellt, um einer der führenden Aggregatoren zu werden.“ Es sei daher nicht auszuschließen, dass man in einigen Jahren nicht mehr von einem Poolmarkt, sondern von einem „Markt der Plattformanbieter“ sprechen werde.
Im Jahr 2015 haben Dr. Sebastian Grabmaier und seine Vorstandskollegen mit der Umfirmierung der Aragon AG in die JDC Group AG die zukünftige Ausrichtung des Unternehmens sichtbar gemacht. Bereits im Vorfeld hatte man sich auf zwei Kernbereiche fokussiert und damit die Konzernstruktur insgesamt verschlankt. Unter der Konzernmarke tritt die JDC Group nun auch als strategischer Investor für Fintechs auf und will so von der zunehmenden Digitalisierung im Finanzvertrieb profitieren. „Wir wollen uns schnell unter den führenden Fintech-Unternehmen in Europa positionieren“, sagte Sebastian Grabmaier anlässlich der Umfirmierung vor der Presse. Während der Markt die neuen Entwicklungen noch zurückhaltend bewertet, sieht Grabmaier die technologische Entwicklung vor allem als Chance.
Im Zuge der Umbenennung wurde auch das Geschäftsfeld Advisortech eröffnet, in dem moderne Beratungs- und Verwaltungstechnologien für Kunden und Berater entwickelt und angeboten werden. Dieses Geschäftsfeld ist mit 150 Millionen Euro im Geschäftsjahr 2023 das umsatzstärkste der Gruppe.
Im Geschäftsbereich Advisortech steuert JDC die B2B-Aktivitäten des Unternehmens und liefert digitale Angebote für Endkunden. JDC sei das „Tech“ im Fintech, beschreibt Grabmaier gerne das Leistungsspektrum. Dazu gehört vor allem die selbstentwickelte technische Plattform, mit der die Arbeitsprozesse von Finanzberatern nahezu vollständig digitalisiert werden können und die ihnen mehr Raum für die Beratung gibt. Mittlerweile sind über 12.000 Finanzprodukte aus den Bereichen Investment, Versicherung und Banking von über 1.000 Anbietern in die Plattform integriert. Unter dem Namen iCRM-System wird dafür eine professionelle Software zur Verwaltung von Kunden- und Vertragsdaten angeboten, ergänzt durch ein kompetentes Backoffice-Team zur administrativen Abwicklung.
Um den Bereich Investment weiter auszubauen, hat die JDC Group Anfang 2023 die Top Ten Financial Network Gruppe übernommen. Damit wird das Angebot in den Bereichen Vermögensverwaltung, Haftungsdachlösungen und Labelfonds erweitert. „Wir werden unseren bestehenden JDC-Partnern viele neue Dienstleistungen im Bereich Investment und Asset Management anbieten und den Top Ten-Partnern im Gegenzug die JDC-Versicherungsplattform“, so Grabmaier. Die Macher von Top Ten sind für Grabmaier keine Unbekannten. Das Unternehmen Top Ten wurde vor 25 Jahren von zehn ehemaligen Mitarbeitern des JDC-Vorgängers Dr. Jung & Partner gegründet. Nun sei die Familie wieder vereint, schreibt JDC in einer Pressemitteilung.
Dass Grabmaier damit auf die richtige Strategie setzt, beweisen nicht nur die Geschäftszahlen, sondern auch eine Auszeichnung, die die JDC Group AG bereits 2021 erhielt. Zum ersten Mal nahm das Unternehmen erfolgreich am Wettbewerb TOP 100 Innovator des deutschen Mittelstands unter der Leitung des Wiener Innovationsforschers Dr. Nikolaus Franke teil. Weil man von Anfang an auf die Logik des Tagesgeschäfts gesetzt und den Arbeitsalltag der Vermittler zur Grundlage der Entwicklung der Software iCRM gemacht habe, sieht sich Grabmaier durch die Auszeichnung bestätigt.
Mit ihren Angeboten im Geschäftsfeld Advisortech richtet sich die JDC Group AG sowohl an professionelle Berater als auch an Endkunden. Damit bedient sie einen Trend, der sich immer stärker abzeichnet: auf der einen Seite die zunehmende Verbreitung digitaler Plattformen, auf der anderen Seite die sogenannten Selbstentscheider, also Kunden, die ihre Geldangelegenheiten ohne Berater online erledigen. Das muss aber kein Widerspruch sein, ist Grabmaier überzeugt. Im Interview sagt er: „In einigen Jahren wird wahrscheinlich die Hälfte aller Finanz- und Versicherungsgeschäfte nur noch online abgewickelt werden. Das heißt aber nicht, dass es dann keine Berater oder Vermittler mehr gibt. Im Gegenteil: Sie können von den Online-Plattformen sogar profitieren, denn je mehr Informationen und Angebote jederzeit verfügbar sind, desto wichtiger wird die einordnende Beratung. Ich bin mir sicher, dass auch in fünf Jahren die Mehrheit der internetaffinen Kunden noch irgendeine Form von menschlicher Interaktion wünscht, um die Abschlussentscheidung zu verifizieren oder zumindest zu bestätigen“.
„In einigen Jahren wird wahrscheinlich die Hälfte aller Finanz- und Versicherungsgeschäfte nur noch online abgewickelt werden. Das heißt aber nicht, dass es dann keine Berater oder Vermittler mehr gibt“.
CEO JDC Group AG
Dr. Sebastian Grabmaier
Technologie dort einsetzen, wo sie sinnvoll ist, aber den persönlichen Kontakt nicht verlieren, das war Sebastian Grabmaier schon bei der Gründung des Unternehmens wichtig. Deshalb gibt es Lösungen, die Berater unterstützen und Endkunden helfen, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Da zum Geschäftsfeld Advisortech auch Finanzvertriebe, so genannte Ausschließlichkeitsvermittler und Einzelvermittler gehören, wurden die beiden Tochtergesellschaften Jung, DMS & Cie. Pool GmbH und für Mehrfachagenten die Jung, DMS & Cie. Pro GmbH gegründet. So können die spezifischen Anforderungen stets umgesetzt und das Tagesgeschäft der Vermittler erleichtert werden. Dafür ist ein verlässlicher und unabhängiger Marktüberblick unerlässlich. Deshalb hat die JDC Group 2021 mit dem Analysehaus Morgan & Morgan eine erste Adresse für Tarifvergleiche im Versicherungsbereich übernommen. Damit erweitert Grabmaier sein Dienstleistungsangebot, setzt aber gleichzeitig auf offene Plattformen, in die auch andere Vergleichsrechner integriert werden können.
Für den Endkunden betreibt JDC die Plattform „allesmeins“. Sie ist der digitale Finanzmanager, mit dem die Kunden den Überblick über ihre Verträge behalten. Gleichzeitig bleiben sie über die Plattform mit ihrem bisherigen Finanzberater verbunden. Ergänzt wird das Angebot durch eine Vielzahl von Vergleichsrechnern für alle Versicherungssparten, mit denen der Kunde das für ihn passende Angebot findet. Der Abschluss kann direkt online erfolgen, bei Fragen hilft der Berater weiter. Zum Endkundenangebot gehört auch die Website Geld.de, eine Online-Vergleichsplattform.
Das Geschäftsfeld Advisory trägt mit rund 33 Millionen Euro zum Gesamtumsatz bei. Unter der Dachmarke FiNUM werden Endkunden direkt und anbieterunabhängig in Finanzfragen beraten. Derzeit verwaltet die Gruppe ein Vermögen von mehr als zwei Milliarden Euro für Kunden aus Deutschland und Österreich. Bei FiNUM.Private Finance betreuen 142 Beraterinnen und Berater die rund 60.000 Kunden und beraten sie in allen wirtschaftlichen Fragen und über alle Anlageklassen hinweg. Der Fokus liegt dabei auf den Bereichen Vermögensaufbau und Risikoabsicherung. Die Bereiche Immobilien und Versicherungen unter dem Aspekt der Altersvorsorge werden schwerpunktmäßig von der FiNUM.Finanzhaus AG betreut. Dort sind 110 Beraterinnen und Berater tätig, die rund 25.000 Kunden betreuen.
ESG steht für Environmental, Social and Governance und hat in der Finanzbranche längst an Bedeutung gewonnen. Dies betrifft nicht nur die Kundennachfrage, die regulatorischen Anforderungen an die Beratung, sondern auch die Geschäftstätigkeit der Unternehmen. Deshalb verfolgt die JDC Group AG auch ein eigenes Nachhaltigkeitskonzept und hat im Jahr 2022 einen Nachhaltigkeitsbericht veröffentlicht. Im Vorwort schreibt Dr. Sebastian Grabmaier: „Es ist uns wichtig, Nachhaltigkeit nicht nur intern zu leben, sondern auch einen Beitrag zur Entwicklung unserer Branche zu leisten. Dies wollen wir sowohl als Schrittmacher im Markt als auch durch direkte Investitionen in eine nachhaltigere Zukunft erreichen“.
Konkrete Maßnahmen sind beispielsweise die deutliche Reduktion des Papierverbrauchs durch die Digitalisierung möglichst aller Prozesse im Unternehmen und vor allem auf den Plattformen. Die Digitalisierung ist auch wichtig, um den CO2-Ausstoß zu reduzieren. Zum einen hat JDC die Anzahl der Geschäftsreisen durch den Einsatz digitaler Kommunikationstools reduziert, zum anderen wird bei notwendigen Geschäftsreisen der Weg mit dem geringsten CO2-Ausstoß pro Person gewählt. So wurde der Fuhrpark sukzessive auf Elektrofahrzeuge umgestellt. Damit sei man aber noch lange nicht am Ziel, so Grabmaier: "Nachhaltigkeit ist kein einmaliger Schritt, sondern ein kontinuierlicher Prozess".
Bevor Dr. Sebastian Grabmeier seine Karriere bei der Allianz begann, studierte er Rechtswissenschaften an der Ludwig-Maximilians-Universität in München und an der University of Chicago Law School. Anschließend erwarb er einen Master of Business Administration (MBA) an der Universität St. Gallen. Seine Dissertation „Insolvenzschutz von Arbeitszeitkonten durch Anlage der Wertguthaben in Investmentfonds: Ein praxistaugliches Modell zur Flexibilisierung der Lebensarbeitszeit“ legte er 2001 in München vor. Die nächste Station führte ihn zu einer Tochtergesellschaft der Deutschen Bank. Im Jahr 2004 wurde der Vorläufer der JDC Group mit dem Ziel gegründet, eine digitale Plattform für Finanzberater und Kunden zu schaffen. Heute ist die JDC Group eine der führenden Plattformen für Finanzberater mit mehr als 16.000 angeschlossenen Nutzern und rund 1,5 Millionen Kunden.
Thomas Feldhaus
Redakteur
Wirtschaftsjournalist mit Faible für Unternehmensverantwortung und Leidenschaft für Radsport.
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